Konzert für alle: Mitmachen erwünscht

Klassische Musik wird erlebbar durch Bewegung. Am 19. Februar 2023 fand das erste „Konzert für alle“ für Menschen mit und ohne kognitiven Beeinträchtigungen im Haus des Rundfunks statt.

Klassische Musik spüren 
Hunderte von Händen bewegen sich im Takt der Musik. Einige Zuhörer:innen jauchzen vor Freude. Das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin (RSB) führt das Ballett „Der Feuervogel“ von Igor Strawinsky auf. Die Besucher:innen sind begeistert: „Durch das Mitmachen kann man die Musik nicht nur hören, sondern auch spüren.“ „Klassische Konzerte können ähnlich wie Rockkonzerte auch interaktiv mit dem Publikum sein.“ „Man kann das Werk nicht nur genießen, sondern sogar Spaß haben und lachen.“

Mitmachen ausdrücklich erwünscht
Die Methode hat der frühere Tänzer und Choreograph Andrew Greenwood entwickelt. Sie führt Musik und Tanz zusammen und heißt Switch2move. Während der Dirigent Steffen Tast im ersten Teil des Konzerts mit einfachen Worten die Geschichte des Feuervogels erklärt, spielt das Orchester die entsprechenden Takte an. Greenwood zeigt vorne auf der Bühne die passenden Bewegungen und lädt das Publikum ein mitzumachen. Musik und Bewegung werden eine Einheit. Die Bewegung schafft eine Verbindung zwischen Musiker:innen und Publikum.

Dialog mit dem Publikum
Im zweiten Teil wird „Der Feuervogel“ komplett aufgeführt. Das Publikum dankt mit tosendem Applaus. „Wir wollen noch viele solcher Konzerte machen“, wendet sich der Dirigent an die Zuhörer:innen. „Bitte sagen Sie uns, was Ihnen gefällt und was wir noch besser machen können.“ Anschließend kommen die Musiker von der Bühne runter und sprechen direkt mit dem Publikum. Auf die Frage einer Zuhörerin, ob die Geräusche aus dem Publikum die Musiker nicht stören, antwortet ein junger Violinist: „Nein, im Gegenteil. Sie zeigen uns die Begeisterung. Das spornt uns an!“

Gäste von weit her
Fast vierhundert Menschen mit und ohne Beeinträchtigung haben das Konzert besucht. Einige sind sogar aus Neubrandenburg und Neustrelitz gekommen. Ein klares Zeichen, wie groß der Bedarf an inklusiven Konzerten ist!

Wegweisendes Modellprojekt
Mit seinem vierjährigen Modellprojekt will das RSB gemeinsam mit dem Publikum Musik neu entdecken. Es geht um Mit-Hören, Mit-Erleben und Mit-Gestalten, um kulturelle Teilhabe für Menschen mit unterschiedlichen Bedürfnissen. Das Projekt wird von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien gefördert. Partner sind die Lebenshilfe Berlin, die Landesvereinigung Selbsthilfe Berlin und das Zentrum für Kultur und visuelle Kommunikation der Gehörlosen Berlin/Brandenburg.

Kulturelle Teilhabe für alle
Das erste erfolgreiche Konzert im Dezember 2022 richtete sich an Menschen mit und ohne Einschränkungen des Gehörs. Nach dem zweiten Konzert steht fest: Das „Konzert für alle“ hat die Chance, den klassischen Konzertbetrieb zu verändern und für breitere Bevölkerungsschichten zu öffnen. Wussten wir doch schon immer: Inklusion ist gut für alle!

Text + Foto: C. Müller-Zurek

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