Der Mond-Musiker
Der Musiker und die Dorfbewohner
In einem Dorf lebte ein Musiker mit seinem Klavier. Jeden Tag spielte er die schönsten Lieder! Und alle Leute des Dorfes erfreuten sich an seinen Melodien. Sie waren so glücklich, dass sie dem Musiker Geschenke brachten:
Im Frühling pflückten sie ihm Blumen und schenkten ihm Honig. Im Sommer erfrischten sie ihn mit Wassermelone und Eiscreme. Im Herbst bastelten sie ihm Eichelmännchen und schnitzten Kürbisse. Und im Winter backten sie ihm Zimtsterne und Spekulatius.
Eines Tages im Frühling aber wachte der Musiker auf, und war ganz allein. Zuerst merkte er es gar nicht. Als er aber spielte und keine Zuhörer kamen, wurde er misstrauisch. Er klopfte an die Türen der Dorfbewohner, aber niemand öffnete ihm. Dann schaute er durch die Fenster, aber ihre Häuser waren dunkel und verlassen.
»Ich muss sie mit meinen Melodien verjagt haben«, sagte sich der Musiker. So versuchte er auf dem Dorfplatz schöner und besser zu spielen als jemals zuvor. Aber auch jetzt kam niemand, um ihm zuzuhören. Da wurde der Musiker sehr traurig und beschloss, nie wieder auf seinem Klavier zu spielen.
Der Musiker trifft den Mond
Als er während einer Sommernacht allein unter einer Eiche saß, entdeckte er jemanden. Oben am Himmel leuchtete friedlich der Mond. Die Glühwürmchen schwirrten durch das hohe Gras. In der Ferne rief eine Eule.
Und der Musiker begann dem Mond zu erzählen, was passiert war. Dieser verstand die Sorgen des Musikers. Daher beschloss der Musiker, sich mit einem Lied bei dem Mond zu bedanken. Er setzte sich an sein Klavier und begann zu spielen. Während er spielte, blieb der Mond bei ihm. Aufmerksam lauschte er seiner Melodie. So kam es, dass der Musiker von jetzt an nur noch für den Mond musizierte.
Der Besuch des Händlers
Im Herbst kam ein Händler aus einem fernen Land in das Dorf. Der Händler fragte den Musiker nach seinen Träumen. Da dachte der Musiker einen Moment nach. Dann antwortete er dem Händler, dass er keine Träume hat. Das machte den Händler traurig. Also schlug er dem Musiker etwas vor:
»Das Träumen ist so schön und wichtig!«, sagte der Händler. »Lass mich dein Klavier mitnehmen, damit du in Ruhe das Träumen lernen kannst!«
Diese Idee gefiel dem Musiker, denn er hatte bisher nur Gutes vom Träumen gehört. Aber er hatte Angst um seinen Freund, den Mond. Wenn er nämlich kein Klavier mehr hatte, konnte er nicht mehr für ihn spielen. Da nickte der Händler verständnisvoll. Er erklärte: »Dann spiele doch im Traum für ihn! Dort wird jeder deiner Musik zuhören!«
Jetzt hatte er den Musiker überzeugt. Er freute sich darauf, wenn er bald träumen konnte. Aber was wollte der Händler nur mit dem Klavier anfangen? Darum erkundigte sich der Musiker bei ihm, ob er überhaupt Klavier spielen kann. Der Händler schüttelte den Kopf, denn er konnte kein Klavier spielen.
»Aber was willst du mit einem Klavier, wenn du gar nicht auf ihm spielen kannst?«, fragte der Musiker ihn.
»Ich leide an einer schlimmen Krankheit, die nur mit Gold geheilt werden kann. Deshalb werde ich das Klavier in meiner Heimat verkaufen!«
Das tat der Händler dem Musiker leid. Er wollte nicht, dass die Krankheit dem Händler etwas Böses tut. Also schenkte er dem Händler sein Klavier. Der Händler bedankte sich, verließ das Dorf und kam nie wieder.
Der Musiker träumt
Als der Winter kam, wollte der Musiker mit dem Träumen beginnen. Er setzte sich unter die Eiche und zählte die Schneeflocken. Bald darauf wurde er sehr, sehr müde, bis er einschlief. Er schlief so tief und fest, dass er zu träumen begann:
Jetzt saß er wieder auf dem Dorfplatz. Alle Dorfbewohner waren wieder da! Es gab für Jeden genug zu essen. Alle freuten sich und lachten gemeinsam zur Melodie des Musikers.
Am glücklichsten aber war der Mond: Er lauschte zufrieden der Musik seines Freundes.