Feuer für zwei
von Inken Kahlstorff
Schon so spät!
Janina sieht aus dem Fenster.
Und so dunkel.
Janina zieht ihre Jogging-Schuhe an.
Der Tag war mies. Alles lief schief.
Und jetzt ist es wieder so spät.
Janina joggt nachmittags immer im Park.
Aber jetzt im Dunkeln?
Janina graut’s.
Ach, Joggen tut gut.
Also raus.
Draußen vor der Tür ist es kalt.
Tagsüber winkt schon der Frühling.
Abends ist es noch düster und feucht.
Regen tropft von den nackten Bäumen.
Die Erde riecht modrig. Der Gehweg ist glitschig.
Janina haucht in die Hände.
Dann läuft sie los.
Kaum Licht in den Häusern.
Die Straße ist leer und nass.
Schwach leuchtet eine Laterne.
Auf der anderen Seite eilt ein Mann vorbei,
den Kragen hoch, den Kopf ganz tief,
vorweg ein Hund an der Leine.
Am Ende der Straße, hinter der Kreuzung liegt der Park.
Janina friert und läuft schneller.
Vorbei an den Gärten, Sträuchern und Schatten,
über den Gehweg aus grauen Platten.
Da vorne, was ist das?
Schimmert hinter der Hecke was Helles?
Ein Flackern wie Feuer, gelb und ganz klein.
Ein Feuer im Garten? Das kann gar nicht sein.
Janina zieht die Kapuze enger um den Kopf.
Da! Wieder zuckt hinter dem Zaun rot eine Flamme.
Dann riecht Janina den Rauch.
Ein Feuer!
Janina joggt bis zum Zaun und bleibt
stehen.
Hinterm Busch sitzt ein Mann in dem Garten,
ein Stapel aus Holz an der Seite, vor ihm ein Feuer.
Das Holz in den Flammen knistert und knackt.
Janina geht näher und ruft: „Ein Lagerfeuer!“
Der Mann sieht auf. Er zeigt auf die Pforte:
„Komm rein und setz dich dazu.“
Der Mann und Janina sitzen am Feuer.
Zwei Scheite glühen tiefrot und schwarz.
Ein paar Äste und Zweige sind frischer,
sie züngeln und zischen.
Grelle Teufelchen tanzen gen Himmel
und sterben im Niesel.
„Ich hol ein Bier“, sagt der Mann.
„Willst du auch eins?“
Janina schüttelt den Kopf.
„Darf ich das Holz nachlegen?“, fragt sie.
Der Mann nickt und geht ins Haus.
Ich hab mir ein Feuer gewünscht, denkt
Janina.
Das hatte ich vergessen, bis ich es sah.
Feuer sind komisch. Sie erinnern mich an früher,
an Feuer, die es mal gab.
An Freunde, mit denen ich zusammensaß.
Hell im Dunkel, warm in der Kälte.
Feuer sind komisch, denkt Janina.
Ich wünsche mir eins und vergesse es,
und dann denk ich an Feuer von früher.
Der Mann kommt zurück und trinkt sein
Bier.
Seine Frau wohnt woanders, erzählt er.
Wenn er allein ist, macht er manchmal ein Feuer.
Feuer in den Gärten sind verboten.
Deshalb macht er es heimlich, hinter Sträuchern und Hecken.
Der Regen hört auf.
Das Feuer brennt.
Der Mann und Janina sitzen noch eine Weile zusammen.
Dann geht Janina zurück nach Haus.