Hauke Hückstädt
ist Leiter des Literaturhaus in Frankfurt am Main.
In das Literaturhaus kommen viele Autorinnen und Autoren.
Auch ziemlich berühmte Autorinnen und Autoren.
Dort begegnen sie ihren Leserinnen und Lesern.
Hauke Hückstädt hat sich etwas ausgedacht.
Er hat zu den Autorinnen und Autoren gesagt:
Wir machen ein Buch.
Ihr schreibt die Texte.
Aber Ihr gebt euch dafür Regeln.
Ihr macht etwas Neues:
Ihr müsst in Einfacher Sprache schreiben.
Das haben alle gemacht.
Das Buch ist fertig geworden.
Es heißt: Lies!
Hier sind unsere Fragen an Hauke Hückstädt.
1. Was ist das Literaturhaus Frankfurt?
Und was ist dort Ihre Arbeit?
Im Literaturhaus begegnen Autorinnen und Autoren ihren Leserinnen und Lesern.
Das Literaturhaus bietet viele Lesungen, Diskussionen und Workshops an.
Ich leite das Haus, unser Team und gestalte das Programm.
2. Wenn Sie bestimmen dürfen:
Welches Buch soll es in Einfacher Sprache geben?
Es sollten noch mehr zeitgenössische Autorinnen und Autoren eigens in Einfacher Sprache schreiben.
Worum geht es da?
In guten Büchern geht es immer um die Wurst.
Und warum soll es jeder lesen?
Wenn ein Buch gut geschrieben ist, erst recht, wenn es „einfach“ geschrieben ist, dann ist es ein Zuruf an alle.
3. Was finden Sie gut an Einfacher Sprache?
Die unausweichliche Klarwerdung der Gedanken.
4. Was geht nicht so gut mit Einfacher Sprache?
Umständlich denken.
5. Können Sie selber Einfache Sprache schreiben?
Ich bin ein Fan von Kompromissen. Ich finde also auch Mittelwege gut. Mittelwege sind in unserer egoistischen Gesellschaft in Verruf geraten. Sie sind aber ein höflicher Weg zum Ziel.
Und sprechen? Gibt es da einen Unterschied?
Natürlich ist da ein Unterschied. Das muss ich üben und oft schreibe ich es mir dann auf.
6. Viele Menschen finden Lesen schwer.
Warum sollen sie trotzdem Geschichten und Bücher lesen?
Sie sollen nicht. Dass wir uns richtig verstehen. Aber alle Menschen haben ein Recht auf Teilhabe. Was nicht da ist, was nicht für meine Bedürfnisse passt, das kann ich auch nicht annehmen. Ich selbst gehe nicht in XXL-Modeläden, aber ich finde es richtig gut, dass es für alle Körpergrößen anspruchsvolle Kleidung gibt.
Was ist so wichtig am Lesen?
Die Beschäftigung mit sich selbst und anderen. Bücher geben nicht nur Antworten. Sie schenken uns auch immer neue Fragen.
7. Wissen Sie noch, als Sie selber nicht gut lesen konnten?
Ja, da hat Vater mir vorgelesen. Ein warmer Kern.
Was war schwer für Sie? Und was hat Ihnen geholfen?
Es war schwer, mich 2008 in China zu verständigen. Ich hatte einen „Sprach-Riegel“. Eine Art Fächer für die Tasche, auf dem ich die wichtigsten Sätze für den Alltag auffächern, ablesen oder meinem Gegenüber zeigen konnte. Das fanden beide Seiten immer sehr lustig.
8. Können Sie eine andere Sprache sprechen und lesen?
Ja, aber nie gut genug.
Wie ist es da, wenn Sie schwere Texte lesen sollen?
Ich habe sogar schwere Texte übersetzt. Aber hier ist es vor allem die Länge von Texten. Einen kurzen Text in fremder Sprache lesen und aufnehmen, das geht. Lange Texte erfordern Anstrengung.
Wie ist es, wenn Sie sich mit jemand in der Fremdsprache unterhalten müssen?
Jämmerlich im Vergleich zu den Möglichkeiten in meiner Muttersprache.
9. Ist Einfache Sprache auch wie eine fremde Sprache lernen?
Nein. Man kehrt ja zu etwas zurück.
Oder leichter? Oder sogar schwerer? Erzählen Sie mal.
Das ist zu unterschiedlich. Das ist bei jedem anders. Es geht auch nicht nur um „verstehen“, „verständlich sein“, um „einfach“ oder „schwer“. Es geht um eine Offenheit. Es geht darum, wieviel Licht ist in einem Text. Wo sind Schatten, Konturen und Abgründe.
10. Bitte erzählen Sie aus Ihrer Arbeit mit Einfacher und Leichter Sprache.
Warum ist Einfache und Leichte Sprache wichtig für Sie geworden? Was wollen Sie mit Ihrer Arbeit verändern?
Immer ging es in meiner Arbeit darum, meine Interessen und meine Begeisterung für Bücher und Autoren zu vervielfältigen. Ich mag Multiplikation lieber als Division. Mit der Literatur in einfacher Sprache von zeitgenössischen, namhaften Autorinnen und Autoren habe ich dieses Bemühen vervielfachen können. Millionen mehr Menschen sprechen wir damit an, ohne die anderen wegzuschicken. Ich nehme die Paragraphen der UN-Behindertenrechtskonvention sehr ernst und die Kunst auch. Ich suche die Zusammenarbeit mit Autorinnen und Autoren und lasse sie beides miteinander verbinden.
11. Hier steht keine Frage. Hier sollen Sie einfach erzählen: Was Sie sonst noch wichtig finden. Es darf auch etwas Lustiges sein! Oder etwas, das Sie sich wünschen. Es soll natürlich mit Sprache zu tun haben!
Mein Dichter-Freund Arne Rautenberg schrieb: „Alles ist gekürzt um Längen besser.“